Aus Anlass des 20-jährigen Bestehens besuchte Sozialsenatorin Dr. Melanie Leonhard die 62. Vergabesitzung des Hamburger Spendenparlaments am 14. März 2016, um ein Grußwort an die Parlamentarier zu richten.
Den vollständigen Text der Rede lesen Sie hier. Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrtes Präsidium,
sehr geehrter Herr Kirchner,
sehr geehrter Herr Upadek,
sehr geehrter Herr Dr. Reimers,
meine sehr geehrten Spendenparlamentarier,
vielen Dank für die Einladung, heute aus Anlass der 62ten Vergabesitzung zu Ihnen zu sprechen. Es ist die erste Sitzung in Ihrem Jubiläumsjahr und ich fühle mich geehrt, dass ich mich in die Reihe derer stellen darf, die seit der Gründung des Hamburger Spendenparlaments regelmäßig bei Ihnen zu Gast waren.
20 Jahre – 10 Millionen Euro – 3.400 Mitglieder – 1.100 soziale Projekte – für eine Stadt! Diese Zahlen sprechen für sich.
Unser solidarisches Gemeinwesen kann nur dann fortbestehen und weiter wachsen, wenn möglichst viele Menschen in ihrem eigenen Umfeld Verantwortung für sich und auch für andere übernehmen. Johannes Rau hat es einmal so formuliert:
„Eine Gesellschaft lebt von Treue und gegenseitigen Verpflichtungen, von Solidarität, von Engagement und Hingabe. Das taucht in keiner Effizienzrechnung auf, aber davon geht der Wärmestrom aus, von dem wir leben.“
Für ein solches Engagement und eine solche Hingabe, für die Wärme und Herzlichkeit im Handeln bedanke ich mich im Namen des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg beim Hamburger Spendenparlament und gratuliere herzlichst zum 20-jährigen Bestehen.
Ein gutes Leben für die Menschen in unserer Stadt, eine gute Zukunft für Hamburg: Dazu braucht es neben wirtschaftlichem Erfolg, auch soziales Miteinander und vor allen Dingen individuelle Chancen für jeden Einzelnen.
Was den wirtschaftlichen Erfolg unserer Stadt anbelangt bin ich mehr als zuversichtlich. Hamburg ist der wichtigste Wirtschaftsstandort dieses Landes. Längst gelten nicht nur der Hafen und die Luftfahrtindustrie als die Jobmotoren der gesamten Metropolregion. Sondern wir sind dabei Europas Standort Nummer eins im Bereich der Erneuerbaren Energien zu werden, bei der Windenergie sind wir es schon. Ein weiteres Beispiel ist die IT-Branche, die seit Jahren wächst.
– Aber – Obwohl Hamburg zu den reichsten Städten Europas zählt, gehören auch Armut, Obdachlosigkeit und Isolation zu unserem Stadtbild. Sie, verehrte Spendenparlamentarier, tragen in diesem Wissen mit ihrem Engagement spürbar dazu bei, dass das soziale Klima in unserer Stadt stetig verbessert werden kann.
Das Hamburger Spendenparlament hat sich in den vergangenen Jahren als erfahrener, starker und zuverlässiger Partner, Berater und Coach für Initiatoren neuer Projekte etabliert. Es ist ein fester Bestandteil der sozialen DNA unserer Stadt geworden.
Innerhalb der Hamburgs hat sich das Spendenparlament dank der Expertise seiner ehrenamtlich tätigen Finanzkommission längst zu einem Gütesiegel entwickelt: Projekte werden über die finanzielle Förderung hinaus inhaltlich beraten und vernetzt.
Welche vorbildliche Rolle das HSP inzwischen eingenommen hat, verdeutlicht die Verbreitung dieses Konzepts über die Landesgrenzen Hamburgs hinaus. Die demokratische Idee des Mitbestimmens der Mitglieder über gespendete Gelder begeistert viele engagierte Bürgerinnen und Bürger und führte zur Gründung von 17 weiteren Spendenparlamenten in Deutschland sowie drei weiteren im Ausland (Basel, Zürich und Wien), von denen wir wissen. Unter den Spendenparlamenten ist Hamburg auch heute noch die größte soziale Organisation.
Ich möchte nun kurz auf dritte Säule – die Chancengerechtigkeit – eingehen:
Menschen bekommen Chancen von anderen Menschen – so ist das zumindest in einer humanen Gesellschaft. Fehlende Chancengerechtigkeit empfinden wir alle als Problem und bemühen uns um den Abbau von Benachteiligungen. Das Verbot von Diskriminierung ist aus gutem Grund in den Menschenrechten verankert. Aber was genau bedeutet Chancengerechtigkeit?
Beim Thema Chancengerechtigkeit sollte man einen Blick auf die Unterschiede richten. Menschen sind verschieden. Sie sehen unterschiedlich aus, sie haben unterschiedliche Lebensmuster, verschiedene Stärken und Schwächen und unterschiedliche Überzeugungen, Träume und Hoffnungen. Chancengerechtigkeit heißt auch: Anerkennung von Unterschieden, Wertschätzung von Vielfalt und die Ermöglichung von Entfaltung der Fähigkeiten jedes Einzelnen.
Mit Ihrer Arbeit als Spendenparlamentarier tragen Sie seit nunmehr zwanzig Jahren dazu bei, dass wir hier in Hamburg mehr Chancengerechtigkeit erreichen.
Sie wenden sich als Spendenparlament aber auch immer wieder den aktuellen Fragen unserer Zeit zu, in dem Sie sich mit Projekten auseinandersetzen, die aus Alltagserfahrungen ihrer Initiatoren entstanden sind.
So erleben wir mit der Ankunft vieler Flüchtlinge in unserer Stadt eine große „Welle der Hilfsbereitschaft“ in der Bevölkerung. Die große Herausforderung besteht darin, den neuen – aber auch etablierten – Initiativen dabei zu helfen, sich zu vernetzen, voneinander zu lernen und mutige Projekte ins Leben zu rufen – aber auch zur Stelle zu sein, wenn sich zwischendurch finanzielle Engpässe aufzeigen.
Auch in dieser Sitzung wird das Spendenparlament über Projekte entscheiden, die Flüchtlinge über die behördlichen Möglichkeiten hinaus unterstützen.
Seien es die Projekte „Hajusom“ oder „Theater Zeppelin“, bei denen mit jungen unbegleiteten Flüchtlingen Tanzperformances, Musicals bzw. Theaterstücke eingeübt werden oder die Dollen Deerns, die eine Förderung des Spendenparlaments benötigen, um traumatisierten Flüchtlingsmädchen psychologische Unterstützung anbieten zu können.
Ich bin mir sicher, dass das HSP auch hier Verantwortung übernimmt und seine bisherige Erfolgsgeschichte auch in den nächsten Jahren kontinuierlich fortschreiben wird. Zurückblickend wird das Hamburger Spendenparlament einmal in ferner Zukunft als Leuchtturm des traditionellen hanseatischen Bürgersinns ebenso herausragen, wie das einstige Engagement der Hamburger Patrioten im 18. und 19. Jahrhundert, dass es bis dato so noch nicht gegeben hatte.
Die vergangenen 20 Jahre sind nicht zuletzt ein Ausdruck einer hohen individuellen Motivation, sonst wäre dieses ehrenamtliche Engagement auch nicht möglich, und ich hoffe, Sie können damit noch viele weitere Hamburgerinnen und Hamburger anstecken. Daher lassen Sie mich sagen: Tun Sie weiterhin Gutes und reden Sie darüber.
Von Altbundespräsident Rau, den ich eingangs zitierte, komme ich nun zu Mutter Teresa, die einst sagte:
„Je mehr Du gibst, desto mehr empfängst Du. Und wer mit Freuden gibt, gibt am meisten.“
Nicht jede oder jeder ist eine Mutter Teresa. Aber jeder und jede Einzelne in unserer Gesellschaft kann etwas geben: ein bisschen Zeit, eine gute Idee, eine helfende Hand.
Diese drei Aspekte sind im Hamburger Spendenparlament vereint: Sie spenden ehrenamtlich Ihre (kostbare) Zeit.
Sie setzen sich ein für eine bzw. viele gute Ideen.
Sie sind für viele, so auch für mich, eine helfende Hand.
Machen Sie weiter so! Vielen Dank!
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